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Erlebnisse und Anekdoten: Stielikes Entschuldigung, Olsens Heimweh, Nadias Hände, Bertholds Wein und Rangnicks Abfuhr

Gernot Rohr (links) und Dieter Müller (rechts) vom französischen Meister Girondins Bordeaux traf ich 1984 in Bukarest. Foto: Branko Vuin

Heute werde ich aus dem Nähkästchen plaudern, indem ich einige Erlebnisse und Anekdoten aus meinem 40-jährigen Journalistenleben schildere. So wie ich es zum Start meines Blogs vor sieben Monaten angekündigt habe. Meine erste Dienstreise als frischgebackener Sportjournalist zu einem internationalen Fußballspiel fand zwei Monate nach meiner Einstellung bei der Neuen Banater Zeitung (NBZ) aus Temeswar statt. Anfang November 1984 ging es nach Bukarest, wo Dinamo im Achtelfinale des Europapokals der Landesmeister auf die Franzosen von Girondins Bordeaux mit Patrick Battiston, Jean Tigana. Alaine Giresse und Bernard Lacombe traf. Beim französischen Meister mit dabei die Deutschen Gernot Rohr und Dieter Müller, der mit sechs Toren in einem Bundesligaspiel einen bis heute bestehenden Rekord aufgestellt hat, was selbst seinem berühmten Namensvetter Gerd Müller nicht gelungen ist. Die Franzosen wohnten abgeschirmt im Hotel Flora, das in einer ruhigen Gegend lag. Mit meinem Presseausweis bekam ich Zutritt und Gelegenheit für ein Interview mit Dieter Müller. Er war mit Rohr in einem Zimmer. Dort sprachen wir in lockerer Atmosphäre.

Mein Interview mit Europas Fußballer des Jahres Oleg Blochin erschien am 14. Mai 1986 in der "Neuen Banater Zeitung".

Das Interview mit Widmung für die Leser wurde in der NBZ und ihrem Volkskalender abgedruckt. Rohr und Müller begleiteten mich anschließend ins Hotelfoyer. Dort wollten sie mir zum Abschied angesichts der prekären Lage im kommunistischen Rumänien Westwährung in die Hand drücken. Ausländisches Geld war damals ein absolutes Tabu in dem autoritär regierten Land. Immer, wenn westliche Mannschaften nach Rumänien kamen, wimmelte es in ihrer Umgebung von Mitarbeitern des Geheimdienstes Securitate. Beim Anblick der Geldscheine erschrak ich und sagte: "Bitte steckt sie wieder ein, sonst werde ich verhaftet." Ob sie die gefährliche Situation verstanden, wusste ich nicht. Aber sie taten, was ich sagte, und alles ging gut aus.

Ein Jahr später rollte ein "deutscher Panzer" in Bukarest ein. So wurde Vize-Weltmeister und Europameister Uli Stielike in Spanien wegen seiner Spielweise genannt, wo er acht Jahre bei den Königlichen von Real Madrid kickte, genauso lange wie Günter Netzer, Paul Breitner und Bernd Schuster zusammen.

Morten Olsen vom RSC Anderlecht begegnete ich 1986 in Bukarest anlässlich des Halbfinales im Europapokal der Landesmeister gegen Steaua. Foto: Branko Vuin

In jenem Jahr war Stielike zu Xamax Neuenburg gewechselt und musste mit den Schweizern im UEFA-Pokal bei Sportul Studențesc ran. Wir hatten ein Interview vereinbart. Ich wartete im Hotel auf die Ankunft der Eidgenossen, doch sie kamen nicht. Irgendwann tauchten sie auf, und Stielike entschuldigte sich, weil das Flugzeug mit großer Verspätung gelandet war. Als ob das seine Schuld gewesen wäre. Er ging mit dem Gepäck aufs Zimmer und kam nach wenigen Minuten in die Eingangshalle zurück, wo er sich ausgiebig Zeit für das Interview nahm. Deutsche Ordnung und Disziplin. Beim Abschied dachte keiner, dass wir uns neun Jahre später in Deutschland beruflich wiedersehen würden.

Um den nächsten Superstar zu treffen, musste ich nicht in die rumänische Hauptstadt fahren. Im Frühjahr 1986 bestritt Rumänien in Temeswar ein Freundschaftsspiel gegen die UdSSR. Bekanntester Fußballer bei den Sowjets war Oleg Blochin, fünfmal Torschützenkönig in der UdSSR und Europas Fußballer des Jahres. Vor der Partie wurde er im Stadion des 1. Mai für sein 100. Länderspiel geehrt. Im Vorfeld der Begegnung interviewte ich ihn im Continental-Hotel, wo die Gäste wohnten. Doch leicht war es nicht, uns zu verständigen. Mein Schulrussisch war nicht ausreichend für fußballerische Fachfragen. Blochin kannte kein Deutsch. Doch er hatte die rettende Idee und winkte den Dolmetscher der Delegation herbei. Dieser übersetzte auf Russisch sowie Rumänisch und ich das Ganze für die NBZ ins Deutsche. Mein einziges dreisprachiges Interview.

Beim nächsten Fußballer war das nicht mehr notwendig. Morten Olsen kam wenige Monate später mit dem RSC Anderlecht zum Halbfinale im Europapokal der Landesmeister gegen Steaua nach Bukarest. Der Däne sprach sehr gut Deutsch. Bis dahin hatte Olsen vierzehn Jahre lang bei belgischen Klubs gespielt und machte im Gespräch ein überraschendes Geständnis: "Während dieser Zeit hatte ich immer starkes Heimweh. Für die Klubfarben gab ich jedes Mal mein Bestmöglichstes, doch mein Herz war immer in Dänemark." Erstaunlich für einen Fußballlegionär. Bei ihresgleichen zählt eigentlich nur das Geld, sonst nichts. Olsen war eine rühmliche Ausnahme. Ein Fußballer mit einem großen Herz.


Zwei Jaher vor ihrer Flucht in den Westen traf ich Nadia in Temeswar. Foto: privat

Das hat auch die rumänische Turnikone Nadia Comăneci. Wir trafen uns bei ihrem zweiten Besuch in Temeswar zum ersten und bisher einzigen Mal. Im November 1987 nahm die Europa-, Weltmeisterin und Olympiasiegerin, die die erste Note 10 in der Turngeschichte bekommen hat, in der Olympiahalle als Auswahltrainerin der rumänischen Juniorinnen an einem Wettbewerb teil. Bereitwillig stand Nadia Rede und Antwort, auch über ihr geheimnisvolles Privatleben. Gemunkelt wurde von einem Verhältnis mit Diktatorensohn Nicu Ceaușescu. Auf meine Frage, ob ihr Herz vergeben sei, antwortete sie schlagfertig: "Das geht niemand etwas an". Und nach Hochzeitsplänen gefragt, wiegelte sie ab: "Für Heiraten habe ich noch Zeit..."

Mein Interview mit Nadia Comăneci erschien am 19. November 1987 in der "Neuen Banater Zeitung".

Der Satz wurde zur Überschrift des brisanten Interviews gemacht. Fast auf den Tag genau zwei Jahre später flüchtete Nadia in einer grauen Novembernacht schwarz über die grüne Grenze nach Ungarn und von dort weiter in die USA. 1996 heiratete sie einen amerikanischen Turner, zehn Jahre später kam ihr Sohn zur Welt.

Als Nadia vor drei Jahren 60 wurde, fasste ich mir ein Herz und gratulierte ihr per E-Mail. Ich richtete es so ein, dass sie meine Glückwünsche angesichts der Zeitverschiebung am Morgen ihres Ehrentages in ihrem Wohnort Norman in Oklahoma bekommen sollte. Neuneinhalb Stunden später kam ihre Antwort, ebenfalls per Mail, in Form von zwei betenden Händen. Das ist Nadias Art, sich zu bedanken. Kurz und bündig mit Emojis. "Zeichen sagen mehr als tausend Worte", schrieb Benedikt Wenck in "Die Welt" über die Bedeutung von Emojis. Nach 34 Jahren hatten Nadia und ich wieder Kontakt. Eine lange Zeit, in der viel passiert und ihr Sohn ein junger Mann geworden ist, der eine Freundin hat und seine berühmte Mama zur Schwiegermutter machen könnte. Das schüchterne Mädchen von einst ist zur Grande Dame des Weltsports geworden, die überall verehrt und geliebt wird. Zusammen mit den anderen lebenden Legenden Serena Williams, Carl Lewis und Rafael Nadal transportierte Nadia bei der Eröffnungsfeier in Paris die olympische Fackel in einem Boot auf der Seine zum nächsten Programmpunkt. Chapeau!

Mail von Nadia Comăneci mit der sie sich für meine Glückwünsche zum Geburtstag bedankte.

Im Dezember 1987 ließ ich mir die Gelegenheit nicht entgehen, den deutschen Nationalspieler Thomas Berthold in Bukarest zu interviewen. Er trat mit Hellas Verona im UEFA-Pokal bei Sportul Studențesc an. Ein aufgeschlossener, sympathischer, lustiger Typ, der wenige Monate zuvor von Eintracht Frankfurt nach Verona in die Stadt von Romeo und Julia gewechselt war. Gewohnt hat er dreißig Kilometer entfernt in Calmasino, einer zauberhaften kleinen Ortschaft am Gardasee. Sie ist in riesengroße Weinfelder eingebettet, die Bertholds geräumige Terrasse umgaben. "Ich genieße die stillen Stunden im Paradies", schwärmte er. Und verriet Überraschendes: "Wir haben zehntausend Liter Wein rund um unseren Garten geerntet, versorgen uns fast ausschließlich selbst." Ein Profifußballer als Hobbywinzer und Selbstversorger - das hat Seltenheitswert! Ein Jahr vor der WM 1990 wechselte Berthold von Verona zur AS Rom. In der italienischen Hauptstadt wurde er unter Teamchef Franz Beckenbauer Weltmeister mit Deutschland. Bestimmt hat er darauf mit seinem Qualitätswein aus Calmasino angestoßen. Prost!

Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Ich hätte mir nicht vorstellen können, nach der Auswanderung aus Rumänien und der Einstellung bei BILD einen Vize-Weltmeister und Europameister zu treffen, mit dem ich im donauschwäbischen Dialekt reden würde. Obwohl Hansi Müller und sein Bruder in Deutschland geboren sind, sprechen sie die Mundart ihrer Eltern, die aus dem ehemaligen Jugoslawien stammten. "Du holscht dir noch die Krepier", zitierte er Jahre später seine Oma, wenn er verschwitzt und abgekämpft vom Kicken ins Lager Schlotwiese in Stuttgart-Zuffenhausen kam, wo viele Vertriebene lebten. Hansi wurde durch die donauschwäbische Erziehung geprägt. Er war 26 Jahre mit einer Donauschwäbin verheiratet, die er seit Kindestagen kannte, mit der er zur Schule ging und das Abitur machte. Sie starb viel zu früh. Ein schwerer Schlag für ihn, Tochter und Sohn. Der Junge wurde auf den Namen Leif getauft. So hieß der Sohn von Trainer Jürgen Sundermann vom VfB Stuttgart, mit dem Hansi in die Bundesliga aufstieg und sich dreimal unter den ersten vier Teams platzierte. Deshalb wurde der Coach "Wundermann" genannt. Leif war mein Kollege bei BILD, seinen Vater erlebte ich als Trainer von Waldhof Mannheim und Berater der Stuttgarter Kickers.

Mit dem deutschen Nationalspieler Thomas Berthold (links) sprach ich 1987 in Bukarest. Foto: Branko Vuin

Ein Jahr nach Sundermann kam Uli Stielike als Trainer zu den Waldhof-Buben. Ein unverhofftes Wiedersehen nach unserem Zusammentreffen in Rumänien. Doch die Chemie in der regelmäßigen Zusammenarbeit stimmte nicht. Stielike scheiterte mit den Kurpfälzern im Bundesligaaufstiegskampf auf der Zielgeraden und verließ den Verein.

Besser verstand ich mich mit Klaus Toppmöller (204 Bundesligaspiele/108 Tore für Kaiserslautern), der vor Sundermann Trainer bei Waldhof war. Toppi bot mir sogar an, dass ich ihn, ohne anzurufen, zitieren darf. Was ich aufgrund meiner journalistischen Prinzipien nicht tat. Mannheim war sein Sprungbrett. Über Frankfurt und Bochum gelangte Toppmöller nach Leverkusen, wo er für die Bezeichnung Vizekusen sorgte, indem er mit der Werkself in einer einzigen Saison Zweiter in Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League wurde. Der Spitzname konnte erst in der vergangenen Spielzeit nach 22 Jahren abgelegt werden, als Bayer mit Trainer Xabi Alonso ungeschlagen Deutscher Meister wurde und den DFB-Pokal holte. Alonso wurde daraufhin zum Trainer des Jahres gewählt genauso wie Toppmöller in jenem Jahr 2002 für dreimal Platz zwei.

Investigativ zu recherchieren hat mir von Anfang an am meisten Spaß gemacht.

Exklusivbericht am 19. August 1998 in BILD über die Prämienregelung beim SSV Ulm

Begonnen habe ich damit als 19-jähriger Lyzeumsabsolvent in meinem Geburtsort Großjetscha im Banat (Siehe den Beitrag vom 1. September). Was ich damals noch nicht wusste und erst später erfahren habe: Laut Experten ist investigative Recherche die Königsdisziplin im Journalismus. Es gilt kritisch nachfragen, neugierig und hartnäckig sein, wenn nötig über Wochen oder Monate hinweg an einem Thema dranbleiben, die Nadel im berühmten Heuhaufen finden, aufklärenden Journalismus zu betreiben.

Bei BILD hat mich der Kollege Thomas Leibl rasender Reporter genannt. Gut für einen Journalisten. Denn wer rast, kommt vor der Konkurrenz an Exklusivnachrichten und muss von dieser zitiert werden. Ein tolles journalistisches Gefühl! Diese Erfahrung machte ich im Herbst 1993. Damals spielten die Stuttgarter Kickers in der 2. Bundesliga gegen den Abstieg und suchten einen Torjäger zur Rettung. Die Wahl fiel auf Demir Hotic, 134 Bundesligaspiele, 36 Tore. Der Bosnier hatte bis dahin zwölf Jahre in Deutschland gekickt (unter anderem schon mal für die Kickers), war danach zu Fenerbahce Istanbul gewechselt. Der Sportliche Kickers-Leiter Wolfgang Wolf (308 Bundesligaspiele) flog mit dem führenden deutschen Sportanwalt Christoph Schickhardt, der ihn seit 1985 betreute, an den Bosporus und verpflichtete den Hoffnungsträger. Was weder Wolf noch Schickhardt wussten: Hotic war durch seinen Wechsel in die Türkei kein Fußball-Deutscher mehr. Das fand ich während meiner Recherche heraus, bei der ich die Regelexperten vom Deutschen Fußball-Bund in Frankfurt befragt habe.

Exklusivbericht am 19. August 1998 in BILD über die Finanzaffäre bei den Stuttgarter Kickers

Da die Kickers die erlaubte Zahl an Nichtdeutschen bereits unter Vertrag hatten, hätten sie Hotic nicht verpflichten dürfen. Am nächsten Tag stand exklusiv in BILD, dass die Blauen einen Bock geschossen haben. Der legendäre Kickers-Präsident Axel Dünnwald-Metzler klingelte Wolf aus dem Bett: "Hast Du BILD gelesen?" Wolf verneinte. "Dann tu es", knurrte ADM. Den Stuttgartern blieb nichts anderes übrig, als einen nichtdeutschen Fußballer sperren (und ihm sein Gehalt weiterzahlen), damit Hotic kicken konnte. Brachte nichts. Er schoss nur ein Tor in 21 Spielen, die Schwaben stiegen ab. Außer Spesen nichts gewesen. Eine Exklusivgeschichte in der Zeitung haben ist toll, zwei jedoch ganz selten. Das habe ich am 19. August 1998 geschafft. Damals enthüllte ich die Prämienregelung beim SSV Ulm, der sich unter Trainer Ralf Rangnick anschickte, in die Bundesliga aufzusteigen. Veröffentlicht habe ich die Details der normalen und einer geplanten Aufstiegsprämie. Das scheuchte die Ulmer Spatzen auf. Im Fußball dreht sich zwar alles ums Geld, aber niemand will darüber reden. Vor dem nächsten Punktspiel legte Rangnick seinen Arm um meine Schulter und fragte freundlich lächelnd, von wem ich die geheimen Zahlen habe. Ich antwortete, dass laut Ziffer 5 des Pressekodexes die Presse das Berufsgeheimnis wahrt und Informanten ohne deren ausdrückliche Zustimmung nicht preisgeben darf. Rangnick fiel die Kinnlade herunter. Mit einer solchen Abfuhr hatte er nicht gerechnet. Die SSV-Verantwortlichen ließen nicht locker und befragten alle Spieler, um den Maulwurf zu finden. Vergebens.

Plakat an den Stuttgarter Zeitungskiosken

Der Ulmer Abteilungsleiter Rolf Zanchettin rief wütend in der Redaktion an und fragte, warum ich nicht auch mein Gehalt in der Zeitung veröffentlichen würde. Die Antwort ließ ihn sprachlos: "Weil ich im Gegensatz zu den SSV-Spielern keine Person des öffentlichen Lebens bin."

Fast zeitgleich trat damals bei den Stuttgarter Kickers ein Präsidiumsmitglied zurück, weil gegen ihn wegen Anlagebetruges ermittelt wurde. Der Verein bestritt vehement, dass Spieler viel Geld durch den Geschäftsführer des Stuttgarter Aktienpools verloren haben. Ich recherchierte und fand das Gegenteil heraus. Es handelte sich um acht Fußballer, die Kredite von jeweils 150.000 Mark bei einer Privatbank aufgenommen und insgesamt 1,2 Millionen Mark in die Aktie einer kanadischen Goldminengesellschaft investiert hatten, die danach dramatisch an Wert verlor. Was ihnen der Anlageberater drei Monate lang verschwiegen hat. Leicht war es nicht, die ganzen Einzelheiten der Ulmer Prämienregelung und der Kickers-Finanzaffäre zu recherchieren. Sie mussten hieb- und stichfest sein, sonst hätte ich mir saftige Klagen eingehandelt. Dafür war viel investigative Recherche notwendig. Dank ihr hatte ich zwei Exklusivgeschichten in einer einzigen Ausgabe. Journalistenherz, was willst Du mehr? Zu guter Letzt die Geschichte des Jahres 2006 in BILD-Stuttgart. Nach einem freien Tag Ende November kam ich in die Redaktion und las in den Zeitungen, dass es bei den Stuttgarter Kickers einen Zwischenfall in der Kabine gegeben hat und ein Spieler vom Klub suspendiert wurde. Was ich nicht nachvollziehen konnte: Kein Journalist hatte über den Grund des Zwischenfalls geschrieben. Für mich ein gefundenes Fressen. Ich begann zu recherchieren und fand schnell heraus, dass ein Spieler einen anderen mit Pupsen provoziert und dieser ihm daraufhin einen Kopfstoß versetzt hatte. BILD zog die boulevardeske Geschichte drei Wochen lang groß auf, denn so etwas hatte es bis dahin im Weltfußball nicht gegeben. Sogar Plakate mit der Schlagzeile wurden an den Stuttgarter Kiosken aufgestellt, um die Leser auf die Story aufmerksam zu machen. Monatelang hingen alle Seitenabzüge der Geschichte an einer Wand in der Stuttgarter Sportredaktion von BILD. Nun musste die Konkurrenz reagieren. Die Deutsche Presse-Agentur schrieb unter der Überschrift "Dicke Luft bei den Kickers": "Sascha Benda hat mich provoziert, indem er ständig furzte", beklagte sich Stürmer Christian Okpala in einem Interview der "Bild"-Zeitung". Gunter Barner, Sportressortleiter der Stuttgarter Nachrichten kommentierte in "Schlusspfiff über Fußballspieler, die den richtigen Riecher haben": "Ganz ohne Neid verweisen wir heute auf einen beachtlichen journalistischen Erfolg unserer Kollegen von der "Bild"-Zeitung, die bei der Ausforschung eines unappetitlichen Themas ein erstaunenswert feines Näschen bewiesen haben. Bereits Edward de Vere, 17. Earl von Oxford, unterlief ein F..., just während er Elisabeth I. von England die Treue schwor. Dafür musste er für sieben Jahre ins Exil." Matthias Hohnecker schrieb in der Stuttgarter Zeitung unter "Furz und bündig": "Sascha Benda, der Fußballer der Stuttgarter Kickers, der jetzt in einem umfassenden Geständnis in der "Bild" die Vorwürfe seines Ex-Kollegen Christian Okpala bestätigt hat, trägt mit der vorsätzlichen Ausdünstung seines Magen-Darm-Traktes zur Weltwärme bei - auch wenn er offenbar in einem Whirlpool, salopp formuliert, gekoffert hat. Andere Informanten sagen sogar, Benda habe mit den Blähungen das Ermüdungsbecken erst zum Whirlpool gemacht." Und im Forum notierte ein Anhänger auf der Homepage des Vereins: „Ich hätte ‘ne Idee: Wir kaufen eine Ladung Furzkissen, und wenn die Mannschaft aufs Feld kommt, begrüßen wir sie damit." Spaß beiseite: Bei den Kickers wurde ich wegen dieser Geschichte zur Persona non grata. Die Akkreditierung für ihre Spiele haben sie mir aber nicht entzogen. Mit BILD anlegen, trauten sie sich dann doch nicht. Und mit der Zeit haben sich die Wogen beim Traditionsklub geglättet, der im ältesten Stadion Deutschlands spielt.

Exklusivbericht am 28. November 2006 in BILD über die Pupsaffäre bei den Stuttgarter Kickers

Am vergangenen 21. September feierten die Kickers ihr 125-jähriges Vereinsjubiläum. Gratulation!

Ein Sportjournalist, der nicht rast, rostet. Hochgerechnet kam ich bei BILD außer Urlaub auf acht freie Wochenenden pro Jahr. Unlängst sagte mir Siegbert Bruss, seit 22 Jahren Chefredakteur der Siebenbürgischen Zeitung aus München, für die ich ebenso wie für die rumänische Sport-Website GOLAZO.ro schreibe: "Sie sind sehr aktiv und ganz nah dran am Puls der Zeit. Ein rasender Reporter." Zwei Journalisten von zwei Zeitungen sind im Abstand von mehr als dreißig Jahren zur gleichen Feststellung gekommen. Was zeigt, dass sie sich nicht geirrt haben.



Presseecho auf meine exklusive Berichterstattung in BILD über die Pupsaffäre bei den Stuttgarter Kickers. Collage: Hans Vastag

Bis zum nächsten Klick auf meinen Blog...



Als neuer Beitrag folgt "Streifzug durch Budapest: Auf Banater Spuren von Jahrhundertfußballer Puskás, Philharmoniker Bauer und Architekt Ybl"

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